Protag Consulting UG
Sachverhalt: Wann handelt es sich bei einem Werkvertrag tatsächlich um eine illegale Arbeitnehmerüberlassung?
Im vorliegenden Fall geht es um den Einsatz von polnischen Maurern. Diese waren im Rahmen von Werkverträgen bei einem deutschen Unternehmen des Baugewerbes im Einsatz. Zwischen dem deutschen Unternehmen und einer polnischen Firma wurden Werkverträge geschlossen. Danach verpflichtete sich das polnische Unternehmen zur „Herstellung des Mauerwerks“ zu einem Pauschalhonorar von 25 Euro je qm Mauerwerk im Wege wöchentlicher Abschlagrechnungen.
Im Jahr 2017 ermittelte das Hauptzollamt wegen des Verdachts der illegalen Arbeitnehmerüberlassung von Arbeitnehmern gegen das deutsche Unternehmen sowie das polnische Unternehmen. Gegenstand des Unternehmens war nämlich die Vermittlung von Arbeitskräften. Eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis lag nicht vor.
Der Geschäftsführer des deutschen Unternehmens gab an zu wissen, was Arbeitnehmerüberlassung sei, und dass diese im Baugewerbe verboten sei.
Als Folge forderte die Deutsche Rentenversicherung (die Beklagte) von dem deutschen Unternehmen (dem Kläger) für den Zeitraum vom 1.08.2013 bis 31.12.13 insgesamt 24.867,22 Euro Sozialabgaben inklusive Säumniszuschläge von 9.898,00 Euro. Diesen Betrag ermittelte sie, indem der Gesamtumsatz des Klägers mit der polnischen Firma zu Grunde gelegt wurde – insgesamt 64.930,00 Euro netto. Die Beklagte war der Ansicht, die abgeschlossenen Werkverträge zwischen dem Kläger und der polnischen Firma stellten lediglich Scheinwerkverträge dar, durch die Scheinselbständigkeit und illegale Arbeitnehmerüberlassung verschleiert werden sollten.
Hiergeben erhob der Kläger Klage beim SG Trier.
Entscheidung des Sozialgerichts: Werkverträge nur zum Schein geschlossen, illegale Arbeitnehmerüberlassung beabsichtigt
Das SG Trier kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei den durch den Kläger mit der polnischen Firma geschlossenen als „Werkverträge“ bezeichnete Verträge, um Scheingeschäfte gehandelt hat. Ziel war vielmehr eine illegale Arbeitnehmerüberlassung. Aufgrund dieser Verträge ist einzig die Überlassung von Leiharbeitern an den Kläger erfolgt. Jedenfalls waren sie in Deutschland auf den Baustellen des Klägers als Beschäftigte eingesetzt.
Nach § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten zu entrichten. Zudem hat der Entleiher von Arbeitnehmern, weil er als Arbeitgeber gilt (§ 28e Absatz 2 Satz 4 SGB), den Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen, wenn ein Vertrag zur Arbeitnehmerüberlassung nach § 9 Absatz 1 Nr. 1-1b des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) unwirksam ist und der Verleiher den Leiharbeitnehmern Arbeitsentgelt gezahlt hat. Er haftet insoweit als Gesamtschuldner neben dem Verleiher.
Die polnische Firma führte keinen Werkvertrag durch
Als Begründung führte das SG aus, dass die polnische Firma über die Entsendung der polnischen Arbeitskräfte hinaus keine werkvertragliche Tätigkeit auf der Baustelle entfaltete. Sie plante nicht die Durchführung des Mauerwerks, sie wies nicht die Vorarbeiter an oder in die Tätigkeit ein und koordinierte nicht die Arbeiten. Auch das Arbeitsmaterial wurde – mit Ausnahme der von den Polen mitgebrachten einfachen Werkzeuge – durch den Kläger gestellt.
Weisungen erteilte das deutsche Unternehmen
Des Weiteren hat der Kläger, wie er persönlich in der mündlichen Verhandlung angab, gegenüber den auf der Baustelle tätigen polnischen Arbeitskräften selbst das Direktionsrecht ausgeübt. Er hatte ihnen die Weiterarbeit untersagt und sie der Baustelle verwiesen. Dies spricht ebenfalls gegen einen Werkvertrag und für eine illegale Arbeitnehmerüberlassung.
Daher wurde durch den nur zum Schein abgeschlossenen Werkvertrag die Arbeitnehmerüberlassung an den Kläger verdeckt.
Die polnischen Arbeiter übten keine selbständige Tätigkeit aus
Ferner stellte das SG fest, dass es für eine selbständige Tätigkeit der polnischen Arbeiter und ihres Vorarbeiters keine Anhaltspunkte gab. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die auf den Baustellen des Klägers eingesetzten polnischen Arbeitskräfte abhängig Beschäftigte waren. Eine Gewerbeerlaubnis wurde nicht vorgelegt. Die Unternehmereigenschaft in Polen wurde ebenfalls nicht nachgewiesen.
Schließlich stellte das SG fest, dass der Kläger für die polnischen Beschäftigten Sozialabgaben schuldet. Zudem hat die Beklagte zu Recht einen Summen- und Schätzbescheid gem. § 28f Abs. 2 SGB IV erlassen. Der Kläger hat seine Aufzeichnungspflichten verletzt, denn er hat ordnungsgemäße Stundenaufzeichnungen nicht geführt und die Entgeltunterlagen auch nicht aufbewahrt.
Fazit: Bei illegaler Arbeitnehmerüberlassung drohen hohe Nachforderungen und ein Strafverfahren
Aus dem Urteil wird ersichtlich, dass ein Werkvertrag auf dem Papier nicht ausreicht. Vielmehr muss auch tatsächlich ein Werkvertrag durchgeführt werden. Wenn alle Merkmale zur Arbeitnehmerüberlassung gegeben sind, wird dem Betroffenen ein Scheinwerkvertrag (illegale Arbeitnehmerüberlassung) vorgeworfen. Dies hat zur Folge, dass der Auftraggeber als Arbeitgeber fingiert und für die Arbeitskräfte Sozialabgaben gezahlt werden müssen. Zugleich droht dem ehemaligen Auftraggeber ein Strafverfahren. Die Hinterziehung von Sozialabgaben ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht, § 266a StGB. Auch bei leichtfertiger Hinterziehung werden empfindliche Bußgelder verhängt, § 8 Abs. 2 SchwarzArbG.
Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen
Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte überprüfen Sie die Details in der Datenschutzerklärung und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.