Anwendung von sozialrechtlichen Vorschriften in Zeiten zwischen Arbeitnehmerüberlassungen, EuGH Urteil C-713/20

Sachverhalt: Welche sozialrechtlichen Vorschriften finden in Zeiten zwischen Arbeitnehmerüberlassungen auf einen Zeitarbeiter Anwendung?

Im vorliegenden Fall des EuGH geht es um zwei verbundene Sachen, in der einen um eine niederländische Staatsangehörige, die in Deutschland wohnt, in der anderen um einen polnischen Staatsangehörigen, der in Polen wohnt. Beide übten ihre Tätigkeit im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung mit Unterbrechungen in den Niederlanden aus. Für die Zeit während der Arbeitnehmerüberlassungen waren beide Zeitarbeiter in den Niederlanden versichert. Für Zeiten zwischen den Arbeitnehmerüberlassungen waren die Arbeitsverhältnisse beendet. 

Werden Zeitarbeiter aus anderen EU-Staaten überlassen, stellt sich die Frage, welches Sozialversicherungsrecht in den verleihfreien Zeiten Anwendung findet

Beide Staatsangehörige wollten für diese verleihfreien Zeiten soziale Leistungen vom Verwaltungsrat der Sozialversicherungsanstalt der Niederlande (SVB) erhalten. In beiden Fällen stellte der SVB jedoch fest, dass die Zeitarbeiter während der Zeiträume zwischen den Überlassungen nicht nach dem niederländischen System der sozialen Sicherheit versichert waren.

Dagegen gingen die beiden Zeitarbeiter gerichtlich vor. Schließlich kamen beide Sachen an das Berufungsgericht, das die Verfahren ausgesetzt hatte. Es legte dem EuGH diese Frage vor.

Entscheidung des EuGH: Zeitarbeiter unterliegen den Vorschriften des Wohnmitgliedstaates, wenn zwischen ihren Überlassungen kein Arbeitsverhältnis vorliegt

Das vorlegende Gericht wollte im Wesentlichen wissen, ob Art. 11 Abs. 3 Buchst. a und e der Verordnung Nr. 883/2004 dahin auszulegen ist, dass eine Person, die in einem Mitgliedstaat wohnt und über ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiges Leiharbeitsunternehmen in diesem anderen Mitgliedstaat als Leiharbeitnehmer tätig wird, während der Zeiträume zwischen den Überlassungen den nationalen Rechtsvorschriften ihres Beschäftigungsmitgliedstaats unterstellt ist, oder dahin, dass eine solche Person während dieser Zwischenzeiträume den nationalen Rechtsvorschriften ihres Wohnmitgliedstaats unterstellt ist.

Hierzu führte der EuGH aus, dass bestimmt werden muss, ob die Zeitarbeiter in Zwischenzeiträumen eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 11 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 ausgeübt haben.

Die beiden Zeitarbeiter befanden sich in den Zeiten zwischen den Überlassungen in keinem Arbeitsverhältnis. Folglich übten die Zeitarbeiter wegen der Beendigung ihrer Berufstätigkeit während der Zeiträume zwischen ihren Überlassungen weder eine Beschäftigung aus, noch befanden sie sich in einer gleichgestellten Situation im Sinne der niederländischen Rechtsvorschriften.

Weiterhin stellte der EuGH fest, dass die Rechtsvorschriften des Beschäftigungsmitgliedstaats so lange anwendbar bleiben, wie der Betroffene seine Berufstätigkeit im Gebiet dieses Mitgliedstaats ausübt. Daraus folgt, dass es für die Anwendung der Rechtsvorschriften des Beschäftigungsmitgliedstaats immer des Bestehens eines fortdauernden Arbeitsverhältnisses bedarf. Demgegenüber sind die Personen, die endgültig jede Berufstätigkeit aufgegeben oder ihre Tätigkeit vorübergehend beendet haben, den Rechtsvorschriften ihres Wohnmitgliedstaats unterstellt.

Schließlich kam der EuGH zu dem Ergebnis, dass eine Person, die in einem Mitgliedstaat wohnt und über ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiges Leiharbeitsunternehmen in diesem anderen Mitgliedstaat als Leiharbeitnehmer tätig wird, während der Zeiträume zwischen den Überlassungen den nationalen Rechtsvorschriften ihres Wohnmitgliedstaats unterstellt ist, wenn das Arbeitsverhältnis gemäß dem Leiharbeitsvertrag während dieser Zwischenzeiträume endet.

Fazit: Ohne Arbeitsverhältnis gibt es keine Versicherung im Beschäftigungsstaat

Aus dem Urteil des EuGH wird deutlich, dass die Anwendung der sozialrechtlichen Vorschriften kompliziert sein kann, wenn ein Zeitarbeiter in einem Mitgliedstaat wohnt und in einem anderen seine Tätigkeit ausübt. Aus dem Urteil wird ersichtlich, dass für die Anwendung von sozialrechtlichen Vorschriften des Beschäftigungsmitgliedstaats in den Zeiten der Unterbrechung von einzelnen Überlassungen, ein Arbeitsverhältnis vorliegen muss. Wenn dies nicht der Fall ist, unterliegt der Zeitarbeiter den sozialrechtlichen Vorschriften des Wohnmitgliedstaats. Um sich vor Risiken zu schützen, empfiehlt es sich, anwaltlichen Rat einzuholen. 

 

 

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